Um ein Haus zu bauen braucht man Ziegelsteine. Und in Myanmar wollen viele Leute ein Haus bauen. Zu lange haben sie in schäbigen Hütten gewohnt. Die Nachfrage nach Ziegelsteinen ist entsprechend hoch. Aber woher kommen die eigentlich?
In Yenangyuang, einer kleinen Provinzstadt in der Trockenzone, leben ganze Familien von der Ziegelsteinproduktion. Wir haben die Ziegelei besucht. Alles wird in brütender Hitze manuell gemacht, vom Anfang bis zum Schluss: Dieser Mann mischt Lehm mit Wasser. Das ist die Basis für Ziegelsteine.
Das Lehm-Wasser-Gemisch wird zur typischen Ziegelsteinform gepresst. Vater und Sohn sind Experten darin und schnell wie eine Maschine: Sie arbeiten 6 Tage die Woche, ohne Ferien. Für jeden fertiggestellten Ziegelstein erhalten sie 2 Kyats. Eine Familie braucht ungefähr 4’000 Kyats (4 Franken) pro Tag, um zu überleben. Das heisst, sie muss täglich mindestens 2’000 Ziegelsteine herstellen.
Die Familien leben in sehr einfachen Hütten direkt auf dem Fabrikgelände. Fünf Hütten stehen links und rechts. In der Mitte sind die Öfen, wo die Ziegelsteine gebrannt werden. Aus der Ferne sieht das sehr friedlich aus, sogar romantisch bei Nacht, wenn man die sanften Lichter sieht. Das Licht ist neu, erst seit Kurzem gibt es Strom. Dank der Glühbirnen können sie länger arbeiten.
Das ganze Gelände ist bedeckt mit Ziegelsteinen, die zum Trocknen ausgelegt sind. Die Kinder schichten sie zu Türmchen, unendlich viele Reihen stehen da. Nach ein paar Tagen in der Sonne sind sie bereit für den Ofen.
Die Mädchen sorgen für ihre Geschwister und schmeissen den Haushalt. In Myanmar ist es normal, dass Kinder arbeiten. Kinderarbeit ist eine Notwendigkeit, denn die Schulen sind teuer. Damit Familien ein oder zwei Kinder in die Schule schicken können, müssen die anderen arbeiten. Wenn eine Mutter von ihrem Mann verlassen wird, müssen die Kinder arbeiten. Es gibt kein Sozialwesen.
Die anstrengendste Arbeit, so scheint es, verrichten die Mütter: Sie schleppen auf ihren Köpfen 16-20 Ziegelsteine, jeder wiegt 1.5-2 Kilo. Mindestens 2’000 Ziegelsteine pro Frau und Tag müssen 50-100 Meter weit bewegt werden. Sie bringen die Steine von den Türmchen zum Ofen. Zum Schutz wickeln sie sich einen Schal um den Kopf. Es wird sengend heiss während dem Tag: bis zu 40° Celsius. Und Schatten ist nicht in Sicht auf dem Fabrikgelände.
Die Buben schichten die Ziegelsteine zum Ofen auf. Über 10’000 Steine ergeben jeweils einen neuen Ofen. Zwischen die Steine werden Holz und Nüsse gestreut, die angezündet werden. Danach überziehen sie den ganzen Ofen mit einer Lehmschicht, um die Hize drin zu behalten. Die Ziegelsteine bleiben im Ofen, bis alles Holz verbrannt ist. Dann kommen sie rot und hart heraus, fertig zum Abtransport. So geht das in Myanmar.
3 Kommentare
Interessante Reportage. Freue mich auf auf die nächsten Stories.
So um 1850 wurde die Glühbirne erfunden, vor 165 Jahren. Dann nahm die Industrialisierung ihren Lauf, aber eben nicht überall. Die Globalisierung ermöglicht Zeitsprünge, aber eben nicht für alle. Gibt’s dort Handys … für wen?
Danke für den Beitrag, einbisschen reise ich mit. Immer mit trockenen Füssen und bei angenehmen Temperaturen 😉
Lieber Gruss
Ursi
Liebe Ursi, danke für deine Worte.
Es gibt tatsächlich Handys in Myanmar. Fast alle haben eines, auch die Familien in der Ziegelei. Und obwohl viele nicht lesen und schreiben können, schauen alle ins Handy, sobald sie irgendwo warten müssen. Die Arbeiter haben uns sogar fotografiert mit dem Handy… Aber fast alles andere ist noch wie sehr viel früher.
Liebe Grüsse, Ariel