Wir haben einen neuen Job: Putzen

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Seit drei Wochen putzen wir zwei Gasthäuser. Wir wechseln Bettwäsche, reinigen Toiletten, saugen Staub, machen Küchen sauber und leeren Abfalleimer. Danach richten wir Zimmer her, falten Gürtel origamimässig und enthaaren Foutons.

Das gibt vier bis fünf Stunden Arbeit pro Tag, fünf Tage die Woche. Moni putzt meist das Retreat Wabi-Sabi, ich das Guesthouse Tabi-Tabi. Verdienen tun wir dabei nichts, doch wir können gratis wohnen und erhalten 1’000 Yen pro Tag fürs Essen – das entspricht ungefähr 8 Franken und reicht knapp für Reis, etwas Gemüse und Toastbrot. Gefunden haben wir diese Stelle auf der Online-Plattform Workaway, wo man sich auf verschiedenste Jobs in aller Welt bewerben kann. Wir sind froh, diesen hier machen zu dürfen. Ja, wir arbeiten gerne und geniessen es, etwas mit unseren Händen zu tun. Jeden Tag werden wir besser. Zudem wohnen wir in Shimoda fast am Strand, in der Natur und weit weg von Tokyo.

Unsere Gäste kommen meist aus Europa, den USA oder Australien, doch es sind auch viele Japaner dabei. Mit ihnen zu reden ist interessant – vor allem ihre Reaktionen, wenn wir erklären, dass wir die Putzleute sind. Die Zimmer sind traditionell eingerichtet: Reisstrohmatten am Boden, ein niedriges Tischchen mit Sitzkissen und Foutons zum Schlafen. Die Gäste machen ihr Bett selbst, nur die Kissen ziehen wir an. In der Gemeinschaftsküche hat jedes Zimmer ein Tablar und Platz im Kühlschrank. Jeden Morgen sind wir gespannt, was die Leute wohl für uns dagelassen haben: Früchte, Butter, Eiskaffee, Bier, Spaghetti oder Glacé? Das dient uns dann als Ergänzung zu Monis kreativen Onigiri – meine Lieblinge bis jetzt: Erbsen, Frühlingszwiebeln, Mayo und Wasabi.

Es ist heiss und feucht hier. Bereits nach fünf Minuten Arbeit sind wir nassgeschwitzt und freuen uns auf die Freiluftdusche hinter dem Haus, die mit Palmen und Farnen bewachsen ist und von farbigen Krebsen bewohnt wird. Meist duschen wir im Regenbogen, den die Sonne zeichnet. Danach fahren wir mit unseren Velos an den Strand oder fünf Kilometer ins Städtchen, wo die Zeit vor 50 Jahren stehen geblieben ist. Die Leute leben vom Fischfang, wohnen in Blechhütten und trinken gerne Sake. Sie grüssen, erzählen viel und lieben traditionelle Anlässe wie das Sommerfest „Obon“. Alle ziehen Kostüme an, trommeln, pfeiffen und tragen Schaukämpfe aus, fast wie bei uns an der Fasnacht.

Rund um unser neues Zuhause wuchert der Dschungel der Izu-Halbinsel: Bambuswälder und alte Bäume, Wildschweine und tausende Zikaden, farbige Krebse und riesige Spinnen. Alles recht urtümlich und gar nicht so, wie man sich das futuristische, technische und moderne Japan gemeinhin vorstellt. Genau das geniessen wir, noch bis Mitte September. Dann erwartet uns der nächste Job: Macadamianüsse und Kaffee pflücken auf Hawaii.

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