Nach sechs Wochen Reisen sind wir reif für Ferien. Wir planen den perfekten Tag an der Küste von Ecuador. Und ziehen dabei in Betracht, was Südamerika uns bisher gelehrt hat.
Wir möchten
im bequemen, sauberen und herrlich duftenden Hotelbett mit direktem Blick aufs Meer am Morgen von den ersten zarten Sonnenstrahlen geweckt werden.
Es könnte sein,
dass wir trotz sorgfältigem Aussuchen unserer Unterkunft auf einschlägigen Onlineportalen ein stinkiges, kleines Zimmer mit einer unbequemen, quietschenden Pritsche bewohnen, die unserer Vorstellung von Bett nicht im Geringsten entspricht. Und dass uns lediglich ein knappes Guckloch, auf den Flur zeigend, vergönnt ist, durch das wir eine Menge Gäste auf ihrem Weg zum Gemeinschaftsbad beobachten und hören können.
Wir möchten
in einem lieblichen Café direkt am Strand ein herrschaftliches Frühstück geniessen. Mit frischem Fruchtsaft, Rührei und hausgemachtem Aji, Espresso, Müesli, Vollkornbrot und Honig.
Es könnte sein,
dass die ersten drei einigermassen ansprechenden Lokale noch länger geschlossen sind (wie lange ist unklar, geöffnet wird “ahorita”), dass wir weitersuchen, irgendwann irgendwo Platz nehmen an verkehrsgünstiger Lage, von wo aus wir staunend zur Kenntnis nehmen, dass Privatautos durchaus in der Lage sind, die Lärmemissionen von Lastwagen zu übertreffen und Hupen auch scheinbar grundlos eingesetzt werden können, dass der “Espresso” auf der Karte eher ein Verkaufsargument als ein eigentlicher Kaffee ist, dass der Fruchtsaft einer überzuckerten Konzentratmischung gleicht und das vermeintliche Brötchen in Wahrheit ein frittierter Donut vom Vortag ist.
Wir möchten
einen gemütlichen Strandtag auf hübschen Liegestühlen lesend, schwimmend und Cocktail schlürfend verbringen.
Es könnte sein,
dass der Liegestuhl nach zwei Minuten zusammenklappt, dass gleich neben dem einzigen kleinen Strandabschnitt, der nicht zugemüllt ist, so etwas wie eine Kinderdisco mit einer Monstersoundanlage stattfindet, dass gleich neben uns der Glacéverkäufer seinen eigentlich mobilen Verkaufsstand für den ganzen Tag platziert und alle paar Minuten mit der wohl ärgerlichsten aller nervigen Glöckchen glöckelt, eine Surfschule für Änfänger genau hier neben uns die ersten Lektionen erteilt, dass der Fischer sein Boot leider nicht alleine aus dem Wasser holen kann und wir ihm helfen müssen, das sperrige Ding mit einem Baumstamm an Land zu hieven.
Wir möchten
ein feines Nachtessen in einem gemütlichen Restaurant.
Es könnte sein,
dass wir auf dem Weg in Richtung Restaurant einer Menge übermotivierten Kellnern mit extrem unübertrefflichen Angeboten ausweichen müssen, uns im Fluchtmodus irgendwo verlaufen, wieder umdrehen, nur um dann festzustellen, dass das Restaurant, das wir ausgesucht haben, leider geschlossen ist.
Doch in Canoa an der Küste von Ecuador gehen unsere Wünsche in Erfüllung. Ohne Einschränkungen. Wir erleben den perfekten Ferientag.