Nur das Beste für die Armen in Medellín

medellin

Keine kolumbianische Stadt zeigt die Unterschiede zwischen Arm und Reich deutlicher als Medellín: Wellblechhütten und schicke Lofts. Gated Communities und Ghetto.

Unser Hostel ist im schicken Quertier «el Poblado» im Süden der Stadt: Es ist sauber, sicher und ruhig hier. Schöne Boutiquen, gemütliche Kaffees und grosse Shoppingcenter säumen die Strassen. Wir würden gerne shoppen gehen, können uns die tollen Sachen aber nicht leisten. Die Preise sind so hoch wie in der Schweiz. Die Leute wohnen in Hochhäusern oder renovierten Altbauwohnungen, umgeben von Mauern mit Stacheldraht, nur über ein bemanntes Pförtnerhäuschen erreichbar. Sie sind hellhäutig, fahren grosse SUVs vom Typ «Toyota Fortuner» oder «Land Cruiser Prado», sind schick gekleidet und oft kosmetisch operiert. Alles hier, so scheint es, ist genau geplant und geregelt. Das ist Medellín, die innovativste Stadt der Welt.

poblado

Mit der Metro fahren wir in den Norden Richtung «Niquita». Das Stadtzentrum ist weniger uniform. Neben dem Botero-Platz mit den Skulpturen dicker Menschen und Pferde ist das Rotlichtquartier, wo sie einem Visitenkärtchen in die Hand drücken mit der Aufforderung «pregunta por la promocion con dos chiccas». Es riecht strenger, überall werden Waren feil geboten, überall reden einem Verkäufer an. In dunklen Winkeln sieht man Männer Crack rauchen.

Weiter im Norden fahren wir mit der Seilbahn über ein grosses Quartier namens «Santo Domingo Savio». 200’000 Menschen wohnen hier am Berg, in kleinen Häuschen, die sich wie ein bunter Flickenteppich den Hang hinauf ziehen. Backsteinklötzchen und Wellblechdächer, wild zusammengewürfelt, keiner Logik folgend. Abfall überall, Hunde und Geier wühlen darin herum, ab und zu auch Menschen auf der Suche nach Wertstoffen. Alte, laute Autos und Busse quälen sich die engen, steilen Strassen hoch und stossen dunkle Rauchwolken aus. Direkt neben den Ständen, die sich an den Strassenrand quetschen und allerlei Frittiertes, Früchte, Fleisch und Handy-Minuten verkaufen. Überall laute Musik. Die Leute sind von dunkler Hautfarbe. Die Jungs sehen aus wie Fussballstars, perfekt frisiert und makellos gekleidet in gefälschten Nike-Air-Schuhen und Lacoste-Poloshirts. Die Mädchen tragen lange Haare, immer frisch geduscht und fein duftend. Niemand stinkt. Alle spielen mit ihren Smartphones. Auch das ist Medellín, die Stadt, die den Armen nur das Beste bieten will.

ghetto

In welcher Welt fühlen wir uns wohler? Es kommt auf die Tageszeit an. Tagsüber schlendern wir gerne durch die bunten Strassen der ärmeren Quartiere. Hier ist alles direkter, echter, näher. Aber sobald es dunkel wird, ziehen wir uns ganz gerne in eine schöne Bar oder in unser gemütliches Hostel zurück. Mit einer Ausnahme: dem «Parque del Periodosta» im Zentrum. Hier lässt sich auch nachts ein Bierchen trinken, neben Studenten, Junkies und Gesindel.

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