Noch nicht mal vier Wochen unterwegs. Und doch fühlt es sich irgendwie viel länger an. Ich glaube, es liegt vor allem daran, dass diesmal die Zeit auf unserer Seite ist: Zum ersten Mal haben wir keinen Rückflug. Unser Zuhause ist jetzt der Ort, an dem wir aktuell sind. Im Moment also Bangkok.
Es wird mir bewusst, dass Zuhause für mich auch ein bisschen aus Halt gebender Routine besteht. Täglich wiederkehrende Rituale, könnte man auch sagen. Zähneputzen reicht dafür nicht. Alles einmal neu ist für immer zu viel und lässt mich nicht vollständig ankommen.
Hier in der grossen Metropole, der heissen, lauten Stadt, die nie schläft, bin ich auf der Suche nach den kleinen Ritualen. Ein Lokal mit einem feinen Zmorge, ein inspirierender Morgenspaziergang, ein Ort für einen Apéro oder ein ruhiges Plätzchen, das mich in Bangkok atmen lässt. Es geht dabei nicht mal so sehr um das Was, sondern viel mehr um Etwas. Etwas Verlässliches vielleicht, einen Anker möglicherweise, etwas Bekanntes unter so unendlich vielen Unbekannten.
Ich suche bei andern Menschen, denn hier in der 8-Millionen-Metropole gibt es eigentlich wenig, was mir so einfach integrierbar in meinen eigenen Alltag erscheint. Ich treffe auf Pana. Jeden Morgen – ausser am Wochenende – steht er mit seinem kleinen Wagen an der gleichen Ecke und verkauft seinen frisch gepressten Granatapfelsaft. Ich treffe ihn am Montag, am Dienstag, am Mittwoch, am Donnerstag und am Freitag. Seine Schürze bleibt die gleiche. Einen Hut trägt er auch immer. Und jeden Tag ein neues T-Shirt. Was auch unerlässlich scheint bei diesen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit. Sein Arbeitsablauf ist reine Routine, er hat immer die gleiche Menge der Früchte an der gleichen Stelle seines Wagens, wringt das Tuch am selben Platz aus und trinkt nach den ersten 20 fertiggestellten Fläschchen einen Iced Cappuccino aus dem Becher, den er sich von der Frau am Stand nebenan gegen einen seiner Säfte eintauscht.
Hier endet die Geschichte über Pana. Ich konnte mich nicht mit ihm unterhalten. Leider. Und doch hat er mir geholfen anzukommen. Zu wissen, ihn täglich an der gleichen Stelle zu treffen, ist schon ein kleiner Fixpunkt für mich. Etwas, das vielleicht schon ausreichen kann, ruhiger zu werden und so die eigenen kleinen Rituale zu finden. Den richtig guten Kaffee zwei Blocks weiter, just 200 Schritte nach dem Granatapfelstand. Und das Chang Bier vom kleinen Shop nebenan, in Bangkok unser Abendritual auf der Dachterrasse.
2 Kommentare
Liebe Monika
deine Erzählung hat mich berührt. Als Atemtherapeutin schick ich dir gerne diese Gedanken dazu: Wo auch immer wir sind, wir atmen. Ein, aus, und wenn wir still sind folgt nach dem Ausatem die Atemruhe, bevor der Reflex zum nächsten Einatem kommt. Es geschieht, ohne, dass wir etwas tun müssen, der Atem ist einfach da, immer und überall. Wir können ihn beobachten. Er ist so lebendig wie wir, reagiert auf alles, was wir erleben und erzählt uns, wie es uns dabei geht. Einmal mit ihm vertraut, ist er so etwas wie Heimat, in uns drin. Vielleicht magst du ja mal nach deinem Atem gucken 🙂
Mit herzlichem Gruss aus dem nebligen Zürich
Ursi
Liebe Ursi
Es freut mich, dass du unsere Geschichten verfolgst. Hab vielen Dank für deine lieben Worte. Du hast recht: Während unserer Yoga-Tage gleich zu Beginn unserer Reise durften wir erfahren, wie befreiend und gleichzeitig stärkend bewusstes Atmen sein kann. Als Atemanfänger – wie ich mich fühle – übe ich mich noch in der Kunst. Du hast mir aber eben wieder einen neuen Impuls gegeben. Vielleicht brauche ich an künftigen neuen Orten nicht mal mehr einen Granatapfelsaftverkäufer, um anzukommen und atmen zu können 🙂
Liebe Grüsse
Monika