Blutender Mund? Zahnfleischprobleme? Männlicher Lippenstift? Leicht kariert muss mein Blick gewesen sein, als mich der freundliche Burmane anlächelt. Der lange Rock, den er trägt, hat hier nichts weibliches an sich, genau so wenig wie das Rot an den Lippen: Es ist die typische Verfärbung vom jahrelangen Kauen der Betelblätter.
Für mich sind die verfärbten Zähne kein schöner Anblick. Noch gewöhnungsbedürftiger allerdings ist das regelmässige laute Ausspucken der Flüssigkeit. Überall auf den Strassen zeugen die roten Flecken von der Spuckerei, besonders an Busbahnhöfen und Taxiständen. Was hat es auf sich mit diesen blutroten Mündern? Eigentliche Vampire gibt es nicht in Myanmar, es sind lediglich Zeichen des aphrodisierenden Leckerbissens, des Betel-Priems.
An jeder Ecke finden wir Verkaufsstände. In Sekundenschnelle werden hier Betelblätter mit Kalk bestrichen, mit zerstampften Betelnüssen und dem Gewürz der Wahl (Zimt, Kardamon, Anis, Fenchel, Lakritze oder Minze) belegt, und dann zusammengerollt. Gekauft und Konsumiert werden sie meist von Männern. Physisch und geistig leistungsfähiger soll man dadurch werden, ebenso in einen Zustand von Wohlbefinden gelangen. Logisch, dass praktisch alle Fahrer davon Gebrauch machen.
Ich probiere es nicht aus – aus kosmetischen Gründen. Genau deshalb meiden auch hier viele Frauen und besser Verdienende diesen alten Brauch, der in ganz Südostasien verbreitet ist.