Zehn Tage waren wir dir untreu: Kolumbien, jetzt kommen wir zurück. Mit Propellerflugzeug, Flüchtlingsboot und Pferdetaxi.
Nach einer Partynacht in einer der vielen Ruinen von Panama City fahren wir am Morgen mit dem Taxi zum nationalen Flughafen. Eher ein Flugplatz eigentlich. Wir bezahlen Übergewicht: 11 Dollar. Lange warten wir, bis wir endlich zum Gate gelassen werden. Es ist heiss und wir trinken unsere letzten Flaschen leer. Unsere Pässe sind irgendwo bei der Polizei oder Zollkontrolle. So genau wissen wir das leider nicht. Nach der feinsäuberlichen, handschriftlichen Abschrift unserer Passdetails waren sie weg.
Wir passieren den Security Check. Sie händigen uns die Pässe wieder aus. Obwohl alles sehr improvisiert scheint, nehmen sie es hier sehr genau. Die Sonnencreme ist zu gefährlich, da auf Alkohol basierend. Auch mein Feuerzeug ist ein echtes Sicherheitsrisiko. Acht Plätze hat die kleine Propellermaschine. Unser Gepäck ist irgendwo in einer Ecke aufeinandergestapelt. Wir starten den Kurzflug an die Grenze zu Kolumbien mit über einer Stunde Verspätung. Angenommene Flugzeit: 30 Minuten. Nach einer halben Stunde sind wir noch immer weit vom Landeplatz entfernt. Und von einer Toilette. Ariel weiss schon kaum mehr, wie er sitzen soll. Sein Gesichtsausdruck lässt nichts Positives vermuten. Und jetzt kneift er sich auch noch ziemlich böse in den eigenen Oberschenkel. Ich glaube, diese Technik sehe ich in neun Jahren zum ersten Mal von ihm. Ich versuche aus der leeren Trinkflasche zusammen mit dem Kotzsäckli eine Uriniermöglichkeit zu basteln. Sie wird vom leidenden Ariel verweigert. Wir landen und landen einfach nicht. Ariel kann nicht mehr. Und so kommt es, dass er seine Blase in eines der Kotzsäckli entleert. Es ist wasserdicht. Mit dem Gepäckkleber lässt es sich sogar ziemlich gut schliessen.
Das Abenteuer ist noch nicht vorbei. Wir kommen in Puerto Obaldia an, von wo aus wir ein Boot nach Capurganà, Kolumbien finden sollten. Zwei Kilometer laufen wir mit Gepäck in brütender Hitze durch ein lustiges, kleines Dorf. Wir kaufen die drei letzten Tickets fürs Boot. Und bezahlen noch einmal Übergewicht. Diesmal nur 1.82 Dollar. Jetzt müssen wir nur noch den Ausreisestempel haben. Der Verantwortliche ist beim Mittagessen und kommt, so sagt man uns, wahrscheinlich in einer halben Stunde wieder retour. Wir warten und brüten und hoffen, dass wir unser Boot erreichen.
Als er zurück im Büro ist, will er zwei Passkopien von jedem. Wir haben nur je eine. Ariel läuft los und versucht, einen Laden mit Kopierapparat zu finden. Er kommt retour, er hat nur eine Kopie. Dem Kopierer ist genau jetzt die Tinte ausgegangen. Und der zweite Laden mit Kopierer ist geschlossen. Vor dem Büro treffen wir zwei Argentinier. Sie lachen. Weil alles schief läuft. Sie wollten nach Panama und hatten einen Flug gebucht. Man sagte ihnen eine halbe Stunde vor Abflug, dass es nun leider zu spät sei für den Check-In. Jetzt sitzen sie fest, die Maschine flog ohne sie los.
Als wir den Passstempel endlich haben (inzwischen wurde Ersatztinte aufgetrieben), eilen wir los zur Bootsstelle. Rucksack in Abfallsack und los aufs Boot. Meine Schwimmweste ist eigentlich gar keine, mehr so eine defekte Dekoration auf der Schulter. Ich hoffe, dass ich sie nicht verliere auf der Fahrt. Im kleinen Böötli sind etwa zehn Personen. Ariel und ich sitzen leider ganz hinten. Wir brettern vollspeed über die Wellen, versuchen uns irgendwo festzuhalten und werden tropfpflitschnass. Computer, Telefon, Fotoapparat vor uns in der Tasche. Keine Ahnung, wie das ausgehen wird.
Eine halbe Stunde später kommen wir an. Triefend, aber heil. Unser Gepäck ist nass, einen schlimmeren Schaden haben wir aber nicht zu beklagen. Joseph steht schon am Pier und wartet auf uns zusammen mit Che Guevara, seinem Rössli. Den kolumbianischen Stempel haben wir schnell im Pass und Che zieht die nassen Touristen zum Hostel. Wir sind in Capurganá. Einem wunderschönen kleinen Dorf mit knapp 1000 Einwohnern. Ein Fussballfeld, ein paar Bars, zwei Lädeli und einen schönen Strand gibt es hier. Ross und Wagen. Keine Autos, keine Töfflis. Nur viele Lautsprecher. Holá Colombia.
Wir wohnen in einem Garten. Der Besitzer Joseph sagt, er sei sein Supermarkt. Es wachsen Ananas, Bananen und Sternfrüchte. Wir beobachten Kolibris, Affen und Geckos. Wir sind die einigen Gäste hier. Dies ist definitiv der Ort, um unsere letzten Tage geniessen zu können.