Willkommen im Jahr 2558

Phnom Penh
Es ist Neujahr und wir haben Ferien. Aber bevor wir diese geniessen können, müssen wir noch ein paar Mal umziehen, Khmer-Spiele spielen und mächtig viel Bier trinken.

Die Odyssee beginnt am Donnerstagmorgen. Unser Nachbar Bunneang begrüsst uns mit den Worten: „Ich habe schlechte Nachrichten. Ihr müsst morgen ausziehen. Der Besitzer kommt über Neujahr und will in seiner Wohnung wohnen.“ Aber wir sollen uns keine Sorgen machen, seine Schwiegermutter sei schon in Verhandlung mit einem neuen Ort. Also gehen wir arbeiten, mit einem Knoten im Bauch: Wir lieben die Wohnung sehr und wollen nicht weg.

Als wir am nächsten Morgen in die Neue einziehen, sagen wir kein Wort. Der Eingang in einer dunklen Seitengasse lässt Schlimmes erahnen. Im Gang stinkt es nach Zigaretten und Alkohol. Das Zimmer hat keine Fenster, es ist feucht und riecht entsprechend. Es gibt ein Kunstledersofa, einen Fernseher, ein Bett und den Abfall vom Vormieter. Hier sollen wir nun unsere Ferien verbringen – eine Woche lang ist die Schule geschlossen, denn es wird “Khmer New Year” gefeiert. Das Jahr 2558 nach Buddha beginnt am 16. April.

Am Abend sagen wir Bunneang, dass wir hier nicht bleiben können. Wir versuchen, so diplomatisch wie möglich zu sein, er hat sich schliesslich alle Mühe gegeben und wir möchten nicht, dass er sein Gesicht verliert. Er versteht, entschuldigt sich und sagt immer wieder: „Ich hätte euch zuerst fragen sollen. Ich habe versagt“. Wir beruhigen ihn und schlagen vor, morgen gemeinsam nach einer Wohnung zu suchen. Das Problem ist nur: Er hat schon 125 Dollar Depot bezahlt, die er nicht mehr zurückkriegt. Das ist hier eine Menge Geld. Wir wollen einfach nur weg und übernehmen den Betrag. Danach gehen wir raus, laufen planlos in der Stadt herum. Irgendwann sind wir wieder zurück in unserem Loch, versuchen zu schlafen. In den Zimmern nebenan werden Türen zugeschlagen, Männer schreien, Leute kommen und gehen. Unten ist eine Bar mit Prostituierten, die Musik dröhnt die ganze Nacht lang. Wir schlafen kaum.

Um halb 7 ruft Bunneang an, ob wir uns um 7 treffen könnten. Er habe sich schon umgeschaut. Drei Wohnungen besichtigen wir mit ihm, allesamt untauglich. Dann versuchen wir es auf unsere Art: Wir suchen im Internet, finden etwas, rufen an, fahren hin, zahlen und ziehen ein. Zwei Zimmer, Küche, Bad, Balkon, Aircon, Tisch und Stühle. Nähe Orussey, einem grossen Markt. Halleluja, die Ferien können beginnen!

Als erstes steht die Neujahrsfeier für alle 800 Angestellten der Schule auf dem Programm. Ein Riesenfest. Wir ziehen dafür extra traditionelle Khmer-Kleidung an, die uns der CEO geschenkt hat. Als wir ankommen, sind die Spiele schon in vollem Gang. Mir werden die Augen verbunden, sie drehen mich im Kreis herum und drücken mir einen Stock in die Hand, mit dem ich einen Tonkrug zerschlagen soll, der irgendwo vor mir in der Luft hängt. Ich habe drei Versuche. Zuerst schlage ich daneben. Dann treffe ich, aber der Krug zerbricht nicht. Die Menge tobt. Beim dritten Mal gibt’s Scherben, Süssigkeiten regnen aus dem Krug.

Alle haben sich festlich herausgeputzt. Die Damen in langen, bunten Seidenkleidern und schönen Frisuren, die Herren in weissen Leinenhemden und traditionellen Schals, so wie wir. Das Essen ist ein Festmahl, begleitet von einer lauten Band und schrägem Karaoke. Auf dem Tisch stehen Bierdosen, ständig kommt Nachschub. Und weil ungekühlt, kommt der Eisjunge vorbei und verteilt Eis. Immer und immer wieder prosten, danach wird das Glas in einem Zug runtergekippt. Die leeren Dosen werden einfach unter den Tisch geschmissen.

Mister Bunvisal, unser Chef, kommt öfters an unseren Tisch und prostet uns zu. Er ist schon ziemlich betrunken und findet es toll, das Moni auch Bier trinkt – wahrscheinlich als einzige Frau hier. Und dann wird getanzt, alle zusammen. Sogar wir wagen es, wenn auch nur kurz, was unsere Mitarbeiter ganz besonders freut. Nach dem Lottospiel verabschieden wir uns fast heimlich und leicht tapsig durch die Hintertür.

Phnom Penh leert sich, die Leute fahren in die Provinz und besuchen dort ihre Familien. Viele Läden sind geschlossen, soger der grosse Markt ist zu. Es ist fast gespenstisch still. Das geniessen wir, auch dank Simone. Sie ist schon über drei Jahren hier und hat einen Plan für die kommenden Tage: Wir fahren zusammen mit ein paar anderen guten Leuten auf eine Insel im Mekong und legen uns da an den Strand. In einer Hütte mit Strohdach essen wir die mitgebrachten Leckereien und plaudern. Morgen machen wir eine Sunset-Cruise mit Privatboot. Es ist tatsächlich wie in den Ferien.

 

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