Zuerst hielten wir sie für Aberglaube und Kitsch, die Heiligenbilder, Bibelsprüche und kleinen Altare an und im Bus. Doch schnell wurde uns klar, dass sie eine grosse Macht ausüben…
Der Bus fuhr immer schneller, je näher wir unserem Ziel kamen. Gleichzeitig wurde die Strasse immer kurviger, schmaler und steiler. Die Passagiere schleuderten von links nach rechts und zurück. Einige bekreuzigten sich. Wir hatten Angst. Ein paar Mal schien es, als ob der Bus kippen würde, so schnell ging er in die Kurve. Ein paar Mal überholte der Bus an unmöglichen Stellen andere Busse oder Lastwagen. Wie durch ein Wunder blieb er unversehrt.
«Jesus guía mi Camino» stand in grossen Lettern auf der Frontscheibe, ein Bild der heiligen Jungfrau von Cisne, Schutzpatronin der Chauffeure, zierte die Trennscheibe zwischen Fahrer und Passagieren. Darum kamen wir gottseidank heil in Loja an. Nur unser Gepäck litt. Jemand transportierte Fische im Kofferraum, zusammen mit unseren Rucksäcken… Mittlerweile können wir die Zeichen deuten und wissen: Je mehr Heilige den Bus zieren, desto gefährlicher der Fahrstil.
Eines Morgens, es regnete in Strömen, bestiegen wir um 5:50 Uhr den Bus von Mompiche nach Esmeraldas. Zuerst schien er ganz unverdächtig. «Servicio Ejecutivo» — was so viel heisst wie keine Toilette an Board, keine Klimaanlage und Beinfreiheit, die nur Kindern gerecht wird — und «Super Expreso» — was bedeutet, dass der Bus alle 50 Meter anhält, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen — stand hinten drauf. Ein grosser, fetter Fahrer oben ohne sass hinter dem Steuer und nickte uns zu. Und da war es wieder: «En Díos confio y a nada temo», gross und fett. Zudem laute Musik, die sich bei genauerem Hinhören als Gotteslob entpuppte. «Herr, lass mein trockenes Herz im Fluss deines Geistes baden». Wir machten uns auf das Schlimmste gefasst.
Der Bus fuhr los. Ganz langsam. Er wurde kaum schneller, als wir die Hauptstrasse erreichten. In jedem Dorf hielt er mindestens drei Mal an, um Verkäufer rein zu lassen. Diese preisen ihre Ware mit langen, lauten Reden an. Medikamente gegen allerlei Beschwerden, von Krebs bis zu Potenzproblemen. DVDs mit Filmen und Musik. Agenden und Brieftaschen. Backwaren, Getränke, Fleisch. Die Fahrt war lange. Wir kauften nichts. Als wir ausstiegen, regnete es immer noch.
PS: Die buddhistischen Busfahrer stehen ihren katholischen Kollegen übrigens in nichts nach. Jesus und Maria haben sie ganz einfach durch Buddha ersetzt. Der Fahrstil ist derselbe.